- Ewiges Eis und beglückendes Lächeln
- Der Bote, 9. Okt. 2017, Erich W. Spiess
Ausdrucksstark und gestenreich:
Erzählerin Ulla Konold - Foto:
Erich W. Spiess
Beeindruckender Vortrag Ulla Konolds über Grönland mit Zivilisationskritik
FEUCHT - Im Cafe Bernstein in Feucht lautete das Motto des Vortrages von Ulla Konold "Eis. Grönland. Märchen. Mythen. Expeditionen. Bilder und Geschichten einer faszinierenden Natur und Kultur." Zu erleben war weit mehr als ein Reisebericht über ein außergewöhnliches Land. Die Nürnberger Dramaturgin und Erzählkünstlerin entführte ihre Zuhörer in die bizarr-schöne Welt des Eislandschaften Grönlands und gab Einblicke in die beseelte Natürlichkeit ihrer Urbewohner.
Hans Strauß, Ideengeber und Organisator des Themenkunstvereins, freute sich über ein volles Haus und nutzte die Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß das Bernstein und der Verin - entgegen anderslautender Meldungen - selbstverständlich weiterhin für Kultur in Feucht sorgen werden. Und Else Seibert erwähnte, daß die Veranstaltung, wie schon so oft, wieder in bewährter Manier in Zusammenarbeit von vhs Schwarzachtal mit der Feuchter Buchhandlung Kuhn und dem Themenkunstverein Feucht organisiert wurde.
Mystische Klänge eines Klangbaumes, eines doppelseitigen Monochordes, eröffneten das Programm, das in die Weite Grönlands entführte, ins ewige Eis mit seinen grandiosen Dimensionen, das 85 Prozent der Landesfläche bedeckt. Konold erzählte in ihrer mitreißenden Art von ihrer ersten und zweiten Reise in eine Welt, die zunehmend unter dem Klimawandel leidet und deren Eisflächen sichtbar zurückgehen - mit teils fatalen Konsequenzen für die Inuits, die Urbevölkerung, die dort seit 1000 Jahren in Einklang mit der Natur leben. Als Ein-Frau-Theater mit großem Spannungsbogen, eindringlich und gestenreich, entführte sie die gebannt lauschenden Besucher mitten in die Erstdurchquerung des Inlandeises an seiner breitesten Stelle, die Robert Peroni im Jahr 1983 gemeinsam mit den Südtirolern Pepi Schrott und Wolfgang Thomaseth gewagt hatte. Diese 1400 km lange, lebensgefährliche Durchquerung Grönlands in 88 Tagen bei Temperaturen von 40 bis 60 Grad unter null bewältigten die drei Bergsteiger ohne technische Hilfsmittel mit zwei Schlitten, die alles transportieren mußten, was sie an lebensnotwendigen Dingen für drei Monate brauchten.
Konolds intensiver Ausdruck und sphärischen Klänge, die sie begleitend hervorzauberte, brachten die dramatischen körperlichen und seelischen Zustände kongenial zum Ausdruck: die Grenzen des Menschen angesichts der mächtigen Natur, das völlige Ausgeliefertsein bis hin zu Halluzinationen und Verfolgungswahn.
Lächeln als größtes Geschenk
Anschließend folgten Fotos, die beeindruckende visuelle Einblicke in ihre zwei Grönlandreisen gaben: gigantische Eisberger, unendlich scheinende Weite, fas unwirklich scheinende Farben und bizarre Polarlichter. Und Aufnahmen von kleinen Ortschaften, ihren Bewohnern mit lachenden Kindern, die ahnen laßen, wie selbstvergeßen und intuitiv die Inuits seit Jahrtausenden dort ihr Leben meistern. Mit ihrem Lächeln, das sie selbst, so Konold, als größtes Geschenk bezeichnen - und das so auch der Verständigung dient. Ein Volk, das keinen persönlichen Besitz kannte und alles und jedes als gemeinsames Gut verstand. Peroni, den Konold persönlich kennenlernte, versucht seit seiner Expedition die maßiven, zerstörerischen Eingriffe der so genannten westlichen Zivilisation zu mildern - verhindern, so deßen Einschätzung, kann aber auch er sie nicht.
Konold, die, wie sie selbst sagt, vom Grönlandfieber befallen ist, gab zum Schluß mit drei Geschichten aus der Märchen- und Mythenwelt der größten Insel unserer Erde Einblicke in das Selbstverständnis der Bewohner, die aber gleichzeitig auch die letzten Fragen der Menschen an sich beleuchten, wo immer sie leben: Suche nach Liebe und Geborgenheit, Angst vor Einsamkeit, die fatale Gier nach Besitz und das beglückende Zusammensein der Menschen als erstrebenswertes Ziel.
Zurück zur Übersicht